Diese Frage stand im Mittelpunkt der 53. Hollabrunner Vorlesungen, die Organisator Jürgen Steinmair mit der Aussage einleitete, dass sich geopolitisch derzeit doch einiges tue. Der Vortragende, Dr. Wendelin Ettmayer, ehemaliger Politiker und Diplomat, warf in seinen Ausführungen einen praktischen Blick auf die Frage nach einer neuen Weltordnung und unterstrich gleich zu Beginn, dass wir in einer interessanten Zeit leben, hängt doch der Amtsantritt von Donald Trump direkt mit der globalen Entwicklung zusammen. Ettmayer beeindruckte seine Zuhörenden mit seiner Rhetorik und untermauerte seine These, dass aus der Globalisierung eine neue Weltordnung wurde, im Laufe des Vortrags mit verschiedenen Aspekten. So skizzierte er die eben beschriebene Entwicklung aus wirtschaftlicher, politischer und kulturell-ideologischer Hinsicht und führte beispielsweise aus, dass 1950 Nordamerika und Europa noch 30 % der Weltbevölkerung ausmachten, während es 2050 nur mehr 10 % sein werden. In Afrika hingegen werden dann 25% der Menschen wohnen. Immer wieder kehrte Ettmayer auch zu Donald Trump zurück, der dieser Schwächung der Macht der USA gemäß seinem Slogan „Make America great again“ entgegentreten möchte, er will also das eigene Land stärker machen und andere am Aufstieg hindern.

Nach dem Prozess der Globalisierung im 20. Jahrhundert kam es zu einem Neuerwachen der Staaten, war die Globalisierung selbst für einige Länder wie z. B. China doch mit einer großen wirtschaftlichen Dynamik verbunden, was wiederum Konflikte herausgefordert hat, obwohl wirtschaftliche Kontakte auch aufgrund des technischen Fortschritts und des vorherrschenden großen Optimismus intensiviert wurden. Dass diese ideale Welt, in der sich über den Handel eine einzige Weltordnung ergeben wird, bei weitem nicht eingetreten ist, wissen wir. Ettmayer machte sich in seinen Ausführungen auf die Suche nach den Gründen dafür: Hier nannte er die Haltungsänderung der Amerikaner, die u. a. aufgrund des starken Rückgangs der Zahl der Industriearbeitsplätze zu bemerken war, den Wirtschaftskrieg der USA mit China, den im globalen Süden stattfindenden Aufbau alternativer Institutionen zu den amerikanischen und die von Joe Biden durchgesetzte härtere Politik gegen China, die sich in seiner Aussage, China sei eine Gefahr für die Zivilisation“, widerspiegelt. Ettmayer betonte auch die Rolle der Covid-Pandemie, die die Schwachstellen der Globalisierung, u. a. bei den Lieferketten, ebenso aufgezeigt hat wie die Notwendigkeit, sich in Krisenzeiten auf die nationale Souveränität zu konzentrieren. Insgesamt sind also Maßnahmen gegen die globale Entwicklung ergriffen worden. Darüber hinaus wurde durch die vielen Kriege die Welt ebenso weiter gespalten.

Zuletzt ging Ettmayer auf die allerjüngste Entwicklung unter Trump ein und stellte fest, dass natürlich auch er nicht wisse, wie es weitergeht, beschrieb aber das Umfeld, in dem Trump arbeitet und handelt: So muss Amerika immer bestrebt sein, Geschäfte zu machen (The business of America is business.), die Grundlage des amerikanischen Staatswesens sind die großen Konzerne und außerdem ist es in Amerika der Kampf, der die Gesellschaft prägt, ist doch die Haltung zum Krieg eine andere.

Die europäische Union war immer als eine Friedensunion aufgebaut, wo die Kooperation in den Vordergrund gestellt worden ist. Und so betonte Ettmayer, dass es das europäische Prinzip sein sollte, sich darauf wieder zu besinnen. Europa solle sich auf die eigenen Interessen konzentrieren und sich an der Frage orientieren, wie man die bilateralen Beziehungen wieder nutzen kann.

Nach einem solch interessanten Vortrag bereicherten abschließend auch noch spannende Fragen und Anmerkungen des Publikums die Diskussion, die schlussendlich beim gemütlichen Ausklang ihre Fortsetzung fand.

Foto: Die Organisatoren der Hollabrunner Vorlesungen, Jürgen Steinmair (l.) und Christian Kasper (r.), zeigten sich ebenso wie das Publikum beeindruckt von den Ausführungen von Dr. Wendelin Ettmayer.